AUSGEWÄHLTE EIGENE TEXTE


Zeugung

Über Margit Mitter (Hrsg.) „Früher gab es Störche, heute m a c h t Mama alles allein“, Ullstein Vlg. Berlin 2006

Welch eine irrtümliche Sprache für das größte und wundervollste Geschehen, welches es auf unserem Planeten gibt, bezeugt dieses Büchlein mit so tief berührenden Zeichnungen und Aussprüchen von Kindern! „Sie werden von Eltern g e ma c h t“. Mit diesem Verb wird das menschliche Zeugungsgeschehen hier von Kindern benannt. So haben es diese Mädchen und Jungen, deren beeindruckende Bilder und Vorstellungen Margit Mitter uns weitergibt, von ihren Eltern gehört.
Welch eine Überheblichkeit und Anmaßung moderner Menschen spricht sich im Gebrauch dieses Wortes für dieses Geschehen aus! Denn wir „machen“ ja nichts, wenn wir uns als Frau und Mann sexuell vereinen. Wir lassen vielmehr geschehen, was viel größer ist, als was wir jemals „tun“ könnten. Wir laden das große Wunder zu uns ein!
„Dass das auch in mir geht!“, erinnere ich den entsprechend staunenden Satz einer jungen Frau während ihrer ersten Schwangerschaft. Wir sagen ja auch nicht zu unseren großen Kindern, wir hätten sie zu dem „gemacht“, was sie nach langem Wachsen unter vielen Einflüssen geworden sind. Vielmehr schauen wir – oft dankbar und immer wieder staunend – auf das, was sich in ihnen immer wieder neu ent-faltet.
Wie froh wäre ich, wenn wir als Gesellschaft diese anmaßende Sprache des „Machens“wieder aufgeben würden und das Wunder der Menschwerdung, welches in uns geschehen darf, auch für unsere Kinder wieder als das bezeichnen, was es ist: die Inkarnation von viel Größerem als es ein menschlicher Körper ist, nämlich ein einmaliger Mensch mit nur seinen/ihren Gedanken, Gefühlen, Empfindungen, Gesten und vielfältigen Möglichkeiten, sich anderen Menschen gegenüber verständlich zu machen und sich mit Anderen zu verbinden.



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