Ruth Priese
Ruth Priese     Körper- und systemisch orientierte Begleitung von kleinen und grossen Menschen

                                                           MITERLEBTE GESCHICHTEN

Im Zwiespalt war die Mama von Peter. Sie schrieb:

Für mich bestand eine entgegengesetzte Arbeitsweise bei unserer physiotherapeutischen Behandlung und der Therapie bei Frau Priese. Daraus ergab sich für mich ein gewisser Zwiespalt. Doch zuerst folgt eine kurze Erläuterung, wie es dazu kam, dass wir zu Frau Priese und zur Physiotherapie gegangen sind.
Unser Sohn kam drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt. Es war eine schwierige Geburt. Er steckte lange im Geburtskanal fest, atmete nicht sofort als er geboren wurde, und wir verbrachten die ersten sechs Tage getrennt voneinander, weil er zur Überwachung auf die Neonatologie verlegt worden war. Die ersten drei Wochen seines Lebens verschlief unser Baby. Wir mussten es zu den Mahlzeiten wecken. Durch eine anfängliche Saugschwäche pendelte sich das Stillen erst nach drei Wochen ein. Vorher wurde teilweise abgepumpt und aus einer Spritze oder einem Becher die Muttermilch gefüttert.
Sechs Wochen nach der Geburt begann unser Baby unruhiger an der Brust zu trinken und weinte mehr. Jedoch konnte ich es immer mit der Brust wieder beruhigen. Ich wollte unbedingt alles richtig machen und unser Baby zufrieden stimmen und es auf gar keinen Fall weinen lassen, weil das macht man ja heute nicht mehr.Sieben Wochen nach der Geburt weinte unser Sohn in der Autoschale, so dass ich es künftig vermied Auto zu fahren. Auch im Kinderwagen wachte er jetzt nach dem Schlafen oder sobald wir mit dem Wagen anhielten auf und weinte, ohne dass man ihn beruhigen konnte. Das einzige was in diesen Situationen half war die Brust, was im Winter draußen nicht wirklich umsetzbar war. Ich trug unser Baby viel im Tragetuch und fuhr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, egal ob ins Krankenhaus zur Kontrolle oder zur Rückbildungsgymnastik. Diese startete ich als unser Sohn acht Wochen alt war und brach nach fünf Wochen ab, da die Situation immer unerträglicher wurde. Unser Sohn wurde zunehmend unruhiger. Anfangs schlummerte er im Tragetuch in der Bahn auf dem Weg zur Rückbildung. Doch mit jedem Mal wurde er auch im Tuch unruhiger und drohte aufzuwachen und zu weinen, so dass ich schon Panik vor dem Weg hatte. Auch in der Rückbildung selbst hatte ich überwiegend damit zu tun ihn zu beruhigen und abzulenken, so dass effektiv vielleicht zehn Minuten Übungszeit für ich bei heraus kamen. Der Aufwand überstieg den Nutzten also bei weitem und als ich die letzte Stunde auch noch vorher abbrechen musste, weil unser Baby zu unruhig war und ich ihn wieder ins Tuch packen musste, entschied ich die Rückbildung abzubrechen.
Es fiel mir zunehmend schwerer Termine mit ihm wahrzunehmen, sei es ein Besuch von Verwandten, der mit einer Autofahrt verbunden war, oder ein Termin im Krankenhaus zur Kontrolluntersuchung der Niere und des Harnleiters, ein Arztbesuch, oder der Rückbildungskurs. Alles stellte eine Belastung für mich dar und ich hatte schon im Voraus Panik davor. Von meinem Umfeld fühlte ich mich nicht verstanden. Keiner konnte nachvollziehen was ich durchmachte. Von allen Seiten hieß es nur, ich soll ihn nicht so verwöhnen und darf mich nicht nur nach ihm richten. Ich sollte auch mal loslassen, wenn ihn zum Beispiel jemand anderes auf dem Arm hat. Für mich war es aber ganz natürlich, nach alldem was wir anfangs erlebt hatten, dass ich mein mütterliches Auge auf ihn warf. Ich soll ihn auch mal weinen lassen. Babys müssen auch mal weinen, hieß es. Wie sollte ich das denn bitte fertig bringen? Ich hatte das Gefühl, dass mich keiner verstand und sich in meine Situation hineinversetzten konnte. Nicht einmal meine eigene Mama, die ich sehr liebe und mit der ich mich sehr verbunden fühle.
Es kam jetzt immer öfter vor, dass unser Baby nicht nur weinte, sondern schrie und ich es nicht einmal mehr mit der Brust trösten konnte. Ich traute mich kaum noch aus dem Haus und verstand nicht, warum ich unser Baby nicht beruhigen kann und bekam Zweifel daran eine gute Mutter zu sein. Dabei wollte ich doch alles richtig machen.
Außerdem schlief unser Sohn nur an meiner Brust beim Trinken ein und wachte immer nach 30 Minuten wieder auf. Also stillte ich ihn auch tagsüber in den Schlaf und steckte ihn dann ganz vorsichtig ins Tragetuch, damit er mal länger schlafen konnte. Das funktionierte, war aber sehr umständlich.
Uns fiel auf, dass sich unser Sohn beim Schreien, aber auch sonst stark überstreckte und seinen Kopf nicht nach links drehen konnte. Zwischendurch schöpfte ich Hoffnung, weil wir zweimal eine osteopathische Behandlung hatten. Jedoch wurde der Zustand unseres Sohnes eher „schlechter“ und unsere Tage noch anstrengender. Um meinen 34.ten Geburtstag herum weinte ich bei jedem kleinen Anlass. Meine Nerven lagen blank. Es ging schlecht und ich funktionierte einfach irgendwie. Als ich an dann im Krankenhaus zur Kontrolluntersuchung gefragt wurde, ob ich zu Hause Unterstützung habe und schon einmal etwas von einer Schreiambulanz gehört hätte, war ich innerlich empört. Was sollte das denn? Ich hab doch kein Schreibaby. Tatsächlich weinte unser Baby vielleicht ein bis zweimal am Tag, ohne dass ich es beruhigen konnte, aber doch nicht stundenlang. Jedoch gleich am nächsten Tag brach ich beim Arzt wieder in Tränen aus und er wollte mir Adressen für verschiedene Schreiambulanzen mitgeben. Jetzt dachte ich zum ersten Mal drüber nach, dass ich es allein nicht schaffe und überlegte dass es gut wäre sich Hilfe zu holen.
Da unser Sohn auch beim Stillen immer zappeliger wurde riefen wir am nächsten Tag unsere Hebamme an, die sofort zu uns kam um uns zu unterstützen.
Unsere Hebamme hatte uns schon ganz am Anfang gesagt, wir sollen unseren Sohn „erzählen“ lassen und ihn dabei an uns drücken und einfach festhalten und für ihn da sein, wenn er weint. Das hatten wir anfangs auch getan, aber das war nur ein zartes weinen, was nach einigen Minuten abklang. Mittlerweile hatte es sich aber zu einem untröstlichen weinen und schreien gesteigert, welches wir nicht mehr aushalten konnten. Nicht mehr aushalten in dem Sinne, ihn so leiden zu sehen.
Unsere Hebamme zeigte uns eine “Technik“ wo unser Baby sich jetzt mit den Beinen schieben sollte und wir es so unterstützten beim „ausweinen“ und erklärte uns, dass wir alles richtig machen und unser Sohn dass alles loswerden muss. Wahrscheinlich war seine Geburt so traumatisch, dass er uns auf diese Weise davon erzählen muss, damit es ihm danach besser geht. Auch uns ging es nach diesem Besuch besser und sie empfahl uns eine Dame, die uns weiterhelfen könnte. Wir sahen uns die Webseite an und dort stand; Ruth Priese “Hilfe für Eltern von unruhigen Kindern.
“Dort vereinbarten wir einen Termin. Vorher erkundigte sich Frau Priese telefonisch über „unsere Geschichte“
Schon im Telefongespräch zeigte sich auf, dass Frau Priese nach vielfältigen Belastungen oder schlimmen Erlebnissen, Probleme die mich bedrückten, in Schwangerschaft, bei der Geburt und in meiner aktuellen Situation fragte. Sie machte mir bewusst, dass jegliche negativen Gefühle und auch meine Probleme sich auf unseren Sohn auswirkten. So richtig war mir das vorher gar nicht bewusst gewesen. Außerdem erfragte sie meine Hobbys und bat mich, mir etwas Zeit für mich zu nehmen und mir etwas Gutes zu tun.
Ungefähr zeitgleich wurde uns von Bekannten eine ganz tolle Physiotherapeutin empfohlen. Einige Tage bevor wir unseren ersten Termin bei Frau Priese hatten, gingen wir zum ersten Mal zur Physiotherapie. Wir fühlten uns dort sofort wohl. Unserem Sohn wurden Spannungen im Körper gelöst. Es wurde an der Fähigkeit sich „rund zu machen“ gearbeitet. Mir wurde erklärt, dass es an mir liegt, dass es unserem Sohn so schlecht geht, weil es mir momentan so schlecht geht. Das geschah ganz direkt aber einfühlsam, so dass es mir auch sofort klar wurde und ich es für mich annehmen konnte.
Nach der ersten Physiotherapieeinheit ging es uns beiden gleich viel besser. Unser Sohn war entspannter, ich war entspannter. Ich fühlte mich wie ausgewechselt im positiven Sinne. Auch zu Hause wurde unsere Veränderung gleich bemerkt. Uns ging es deutlich besser.
Jetzt wusste ich es. Mir geht es schlecht. Dann geht es unserem Sohn auch schlecht. Er fühlt fast eins zu eins wie es mir geht. Es war gut zu wissen, wo der Schlüssel zu einem zufriedeneren Kind lag. Jedoch war es auch sehr schwer daran etwas zu ändern, aber ich bemühte mich redlich ab diesem Tag.
Kurz darauf hatten wir unseren ersten Termin bei Frau Priese. Auch hier herrschte gleich eine angenehme Atmosphäre. Wir fühlten uns willkommen und verstanden. Beim ersten Termin rutschte unser Baby gleich mehrere Runden durch den Raum. Frau Priese bot seinen Füßen dabei Widerstand und er überstreckte sich und rutschte auf dem Rücken liegend über die Matten. So lange und intensiv hatte er noch nie geweint. Aber mit der Begleitung von Frau Priese konnten wir die Situation gut aushalten. Wir fühlten irgendwie dass es ihm danach besser ging, als er alles raus geweint hatte. Auch bei Frau Priese ging es wieder darum, dass es wichtig war, dass es nicht nur dem Kind gut ging, sondern auch der Mutter, bzw. den Eltern. Es tat gut mit ihr zu sprechen und Bestätigung zu bekommen, dass wir nicht alles fasch machten. Nach dem Termin fühlten wir uns für die zukünftigen Schreiattacken zu Hause gut gewappnet. Anfangs passierte es noch ein bis zweimal für 20 bis 45 Minuten, dass unser Sohn zuhause etwas rausweinen musste.
Bei Frau Priese hatten wir in immer größer werdenden Abständen Termine. Jedes Mal wurden seine Weinattacken kürzer und weniger intensiv, sowohl zu Hause, als auch bei dem jeweiligen Termin bei Frau Priese. Nun mit genau einem halben Jahr weint er nicht mehr jeden Tag und meist auch nicht mehr sehr lang. Höchstens 3 bis 10 Minuten.
Parallel dazu lief auch die Physiotherapie mit der wir weiterhin sehr zufrieden waren. Nach jeder Therapieeinheit konnte unser Sohn eine Sache mehr. Nach dem ersten Termin konnte er am nächsten Tag einen Greifball festhalten. Da waren wir aber stolz. So ging es weiter: Termin für Termin erlangte er neue Fähigkeiten. Der Hauptschwerpunkt lag auf der Entspannung der Wirbelsäule, um ihn immer besser in eine Beugung der Wirbelsäule und des Beckens zu bekommen und somit erst eine „normale“ physiologische Entwicklung der Motorik zu ermöglichen.
Mit der Zeit fiel mir der Gegensatz der beiden Therapien immer deutlicher auf und verunsicherte mich zunehmend. Ich war ständig im Zwiespalt.
Als unser Sohn in der Physiotherapie einmal untröstlich anfing zu weinen, erzählte ich von der Therapie bei Frau Priese. Die Physiotherapeutin konnte Sie sich das nicht so richtig vorstellen. Als Frau Priese – zu einer Hospitation gekommen - Ihr versuchte den Vorgang zu erklären, meinte die Physiotherapeutin das wäre nicht physiologisch und würde sein falsches Bewegungsmuster nur noch verstärken. Sie betonte mir gegenüber nochmals ich solle unbedingt diese Unterstützung der Überstreckung beim Weinen vermeiden.
Auf der einen Seite gab es für mich die Therapie bei Frau Priese. Diese Therapie bedeutete für mich eine Therapie für die Seele. Eine Begleitung und Bestärkung mit der vorhandenen Situation umzugehen. Vorrangig ging es aber auch darum, dass unser Sohn uns von den in seinem Körper gespeicherten Schmerzen und Ängsten der Geburt erzählen wollte und gleichzeitig die noch in seinem Körper steckenden Geburtsbewegungen rauslassen und somit abbauen konnte. Diese Bewegungen bestanden aus einem Vorwärts schieben und winden begleitet von einem starken Überstrecken der Wirbelsäule. Diese Therapie stand unter dem Motto, jedes Kind entwickelt seine motorischen Fähigkeiten von allein, ohne dass speziell Bewegungen gefördert oder bestimmte Bewegungsabläufe geübt werden müssen.
In der Physiotherapie ging es jedoch darum seinen Körper weich und für Bewegungen durchlässig zu machen und vor allem die Fähigkeit der Wirbelsäule ,sich beugen zu können, zu verbessern. Die Physiotherapeutin erklärte mir , ich solle unseren Sohn so oft wie möglich in einer gebeugten Haltung auf dem Arm tragen, verschiedene Übungen in den Alltag integrieren und das Überstrecken in jedem Falle vermeiden. Hier ging es also darum ihn in die „richtigen“ Bahnen zu leiten und Übungen für verbesserte Bewegungsabläufe durchzuführen.
Hätte ich mich jedoch für eine der beiden Therapien entscheiden sollen, wüsste ich nicht für welche ich mich entschieden hätte. Ich weiß nur eines, dass uns beide Therapien sehr geholfen haben. Mittlerweile können wir wieder mit unserem Sohn Auto fahren, mit ihm im Kinderwagen spazieren gehen und ohne Brust einzuschlafen, schafft er mittlerweile auch. Er schreit nur noch selten seine Erinnerungen heraus und entwickelt sich auch motorisch immer weiter. Uns geht es sehr gut und wir freuen uns jeden Tag darüber, wie unser Sohn sich und die Welt ein kleines bisschen mehr entdeckt.
Danke, lieber Peter und Eltern, dass ich Euren Bericht vom Mai 2016 hier einstellen darf! Ruth Priese



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